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SLOWENIEN – Reisebericht

Reisebericht 2020 (vom 20.06. – 30.06.)


Slowenien kennen immer noch viele nur von der Durchreise nach Kroatien. Dabei hat das kleine Land von der Größe Rheinland-Pfalz von der Mittelmeerküste bis zum fast 3.000 Meter hohen Triglav so viel zu bieten. Christoph Berg, der Autor des Motorrad-Reiseführers Slowenien, begeisterte seine sechs Biker-Buddys für das Land und so zogen sie los.

Es ist neun Uhr morgens. Edi, Roland und Siggi warten bereits ungeduldig am P&R in Rauental an der A5. Deshalb fahren wir auch sofort los, als ich eintreffe, um keine Zeit zu verlieren. Stefan lesen wir am P&R in Karlsbad auf und weiter geht´s nach Tiefenbronn bei Pforzheim. Dort empfängt uns Andy bereits breit grinsend mit Butterbrezeln und Kaffee. Perfekt eingestimmt geht´s erstmal auf die A8, Strecke machen. Kurz hinter München macht der Himmel zu und wir die Koffer mit den Regenklamotten auf. Am Schliersee stößt schließlich Paulo als letzter zur Gruppe. Statt lecker Biergarten in der Sonne gibt´s nur Kaffee zum Aufwärmen und eine kurze trockene Pause im Indoor-Bereich. Als sehr praktisch stellen sich die weißen Corona-Latex-Handschuhe heraus, die das Lokal für seine Gäste am Eingang bereithält, denn sie eignen sich auch hervorragend als Regen-Überziehhandschuhe für den Rest der Anreise. In Zell am See, am Fuß des Großglockners erreichen wir unser Tagesziel. Am nächsten Morgen sieht es genauso feucht und trübe aus wie am Vortag, und aus der geplanten Großglockner-Hochalpenstraße wird es leider nichts. Also weichen wir bei strömendem Regen auf die Felbertauern-Strecke aus. Bis Villach haben wir es mit einer stabilen Wetterlage zu tun. Wir treffen meine slowenische Freundin Lea Svrzikapa mit ihrem Mann Anže aus Kranjska Gora in einem Eiscafé am Faaker See, weil sie uns unbedingt begrüßen möchte, bevor wir Slowenien erkunden. Sie ist schon ganz aufgeregt wegen uns und wie es uns wohl gefallen wird in ihrem Heimatland. Wir verabreden uns für nächstes Wochenende, bevor wir wieder zurückkehren nach Deutschland

Der nächstliegende Grenzübergang nach Slowenien wäre der Wurzenpass, wenn der nicht coronabedingt geschlossen wäre. Also kommt für uns nur der Loiblpass in Frage, sowieso die schönere Passfahrt. Kaum haben wir die Karawanken überquert, bessert sich das Wetter und zwei Stunden später nehmen uns Ursa und Jernej am Bauernhof Zelinc in Cerkno herzlich in Empfang. Sie sind die jungen Besitzer eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs mit angeschlossener Pension und sprechen sogar deutsch. Das dreigängige Abendmenü haben sie bereits für uns zubereitet, und so fühlen wir uns gleich wie zuhause. Zum Abschluss bekommen wir einen selbstgebrannten Salbei-Schnaps, der sich schnell zum Hit und allabendlichen Begleiter für die nächsten Tage entwickeln wird.

Am nächsten Morgen strahlender Sonnenschein. Nach ausgiebigem Frühstück legen wir zeitig ab und erkunden die Umgebung zunächst auf engen Nebensträßchen, asphaltiert, oft keine zwei Meter breit mit Neigungen bis zu 22 Prozent. Unsere GS-en (immerhin fünf von sieben Maschinen) wedeln geschmeidig um die Kurven, dass es ein Genuss ist. Schnell erklimmen wir baumlose Kammstraßen und genießen sensationelle Weitblicke über scheinbar unendliche Wälder und die schneebedeckten Gipfel der Julischen und Steiner Alpen dahinter. Immerhin sind mehr als 50 Prozent des Landes mit Wald bedeckt. Und schon tauchen wir wieder ein in dichten Steineichenwald und folgen Flussläufen durch kaum befahrene Täler, bevor es weiter über die nächsten Berghänge ins Nachbartal geht. Die Straßen sind in überwiegend sehr gutem Zustand, und am ersten Tag halten wir uns von den weit verbreiteten Schotterstrecken noch fern. Aber das wird sich ändern. Auf dem Rückweg kommen wir über Bled, einem der Tourismus-Hotspots in Slowenien. Herausgeputzte Villen aus der Gründerzeit säumen das lauschige Ufer des gleichnamigen Sees, auf dem regelmäßig internationale Ruderregatten durchgeführt werden. Wir halten uns nicht allzu lange auf, denn wir sind abends eingeladen bei den Mitgliedern des Motorradclubs MK Cerkno. Eigentlich wollten wir das große, alljährlich stattfindende Motorrad-Fest des Clubs am letzten Juni-Wochenende besuchen, zu dem hunderte Biker aus ganz Slowenien, Kärnten und der Steiermark kommen und zwei Tage auf einer abgelegenen Wiese durchfeiern. Aber wegen Corona findet die Veranstaltung leider nicht statt. Ich bin im Kontakt mit Jože Gruden, dem Vorsitzenden des Klubs. Und er schlägt vor: „Dann kommt doch einfach so vorbei in unserem Clubhaus, und wir feiern ein bisschen zusammen im kleinen Kreis.“ Gesagt, getan. Branko Tusar und seine Frau Maria, ebenfalls Club-Mitglieder,  holen uns abends sogar mit zwei Autos ab, damit wir nicht mehr fahren müssen. Was für ein Service ! Aber so sind die Slowenen nun mal. Bevor wir jedoch ins Clubhaus fahren, führen sie uns erstmal zu einem alten, einsamen und wunderschön an einem Bach gelegenen Häuschen, das die beiden gerade renovieren als Sommerfrische. Voller Stolz zeigen sie uns den Fortschritt ihrer Arbeiten, bevor wir schließlich auf die anderen Mitglieder im Clubhaus in Cerkno treffen. Es gibt Bier und Pizza, und ich habe meinen Laptop mit meinem Multivisions-Vortrag über Slowenien dabei. Mit Beamer auf ein weißes Leinen projiziert, verbringen wir einen sehr schönen, gemeinsamen Abend mit vielen Benzingesprächen, finden neue Freunde und werden mit Club-Patches beschenkt. Branko bietet uns an, uns am nächsten Tag ein paar seiner Geheimtipps der Umgebung zu zeigen. Da sagen wir natürlich nicht nein und sind sehr gespannt. Abends kommt er mit Maria auf dem Sozius und seiner Yamaha FJR 1300, die bereits 120.000 Kilometer runter hat, und holt uns ab. Wir fahren zur Kapelle St. Ivan unweit unserer Pension. Die in hellem Weiß strahlende Kapelle steht einsam in sensationeller Aussichtslage 300 Meter direkt über dem Abgrund des Idrjica-Tals. Umgeben ist sie von einer kleinen Mauer und frisch gemähten Wiese. Die Abendsonne schärft den Horizont und  lässt alle Farben regelrecht glühen. In keiner Karte ist dieses Kleinod eingezeichnet. Und solche Flecken gibt es viele. Man muss sie nur entdecken. Wir verbringen eine ganze Weile gemeinsam und genießen den Moment. Edi lässt seine Drohne kreisen, und wir machen Fotos, was das Zeug hält und unterhalten uns mit Maria und Branko. Die Beiden fahren am nächsten Tag ins verlängerte Wochenende, lassen sich aber noch von uns zum gemeinsamen Abendessen überreden. Wir verabschieden uns und freuen uns auf ein Wiedersehen vielleicht im nächsten Jahr, wenn das Fest wieder stattfindet.

Die nächsten Tage sind geprägt von weiteren Rundtouren mit vielen Kurven, Wald, Wiesen, Bergen und nun auch die für Slowenien so typischen Schotterstrecken. Es sind ganz offizielle Straßen, die nur eben nicht asphaltiert sind, weil diese sonst gesetzlich verpflichtend instand gehalten werden müssten. Und so entscheidet jede Gemeinde für sich, ob sie sich den Aufwand leisten kann oder will. So kann es passieren, dass mitten auf der Strecke der Asphalt einfach aufhört und die Straße auf Makadam weiterführt, weil die Gemarkungsgrenze überfahren wurde. Und so haben wir viele Kilometer Zeit, unsere Fahrfertigkeiten auf Schotter weiter auszubauen.

Neben vielen fantastischen Streckenabschnitten hat Slowenien ebenso viele Sehenswürdigkeiten zu bieten. Wir besuchen das Partisanen-Krankenhaus von Dr. Franja, das im 2. Weltkrieg so versteckt in eine enge Schlucht gebaut wurde, dass es nie entdeckt wurde. In der improvisierten Holzhütten über dem Bach wurde operiert, amputiert und sogar geröntgt. Wir besuchen ein vollständig renoviertes Schloss aus dem 11. Jahrhundert, stehen am Gipfelrand weit über dem Zirknitzer See, dem weltgrößten Periodischen Gewässer. Das heißt, der See verschwindet bei Trockenheit vollständig und kann nach starken Regenfällen bis auf 10 Meter Höhe und einer Fläche von 38 km² anschwellen. Das Geheimnis liegt im Untergrund, denn der ist löchrig, wie ein Schweizer Käse. Und bei Hochwasser kommt der gigantische unterirdische See zum Vorschein. Ljubljana, der Hauptstadt mit seinen 300.000 Einwohnern, statten wir einen Besuch ab. Die Studentenstadt, ganz im Jugendstil und im Barock der Habsburger Ära gestaltet, gehört zu den schönsten Städten Europas. Wir schlendern über die Märkte, die berühmten Drei Brücken und kehren ein in einem der zahllosen Cafés direkt an der Ljubljanica, dem Stadtfluss, der in einem weiten Bogen mitten durch die Stadt fließt.

Auf dem Weg an die nur 46 Kilometer lange Küste besuchen wir das berühmte Höhlenschloss Predjamski grad, das direkt vor dem Höhleneingang in die senkrechte Wand gebaut wurde. Während Belagerer hungernd vor dem uneinnehmbaren Schloss ausharren mussten, versorgte sich der Schlossherr und Raubritter stets mit Nachschub über einen geheimen Ausgang durch die Höhle und verhöhnte die Belagerer, indem er ihnen Essen von einem Diener bringen ließ. Schließlich kommen wir nach Piran, Sloweniens schönste Küstenstadt. Die Häuser sind im venezianischen Stil erbaut, und an der weitläufigen Promenade tummeln sich Touristen und Badende, als ob es kein Corona gäbe. Tatsächlich gehört Slowenien zu den Ländern mit den wenigsten Infizierten dank frühzeitiger Shutdowns.

Das unmittelbar benachbarte Portorož wartet dagegen mondän mit schicken Bars, edlen Shops und dem einzigen (künstlich aufgeschütteten) Sandstrand des Landes auf. Auf dem Rückweg statten wir noch den edlen Pferden des Lipizzaner-Gestüts einen Besuch ab. Durch das Gestüt fahren wir einfach hindurch. Hinter weiß gekalkten Bretterzäunen links und rechts der Straße sehen wir sie auf den endlos erscheinenden Weiden zu Dutzenden.

Schließlich ist die Woche fast schon vorbei. Am letzten Abend in unserer Pension gibt es wieder reichlich Salbei-Schnaps. Ursa und Jernaj haben extra für uns diesmal ein großes Abschieds-Barbecue zubereitet mit Cevapcici und handgroßen, mehrere Zentimeter dicken Steaks. Sie setzen sich bei uns dazu, und wir verbringen einen wunderbaren letzten Abend miteinander.

Am nächsten Tag erwartet uns nochmal eine landschaftliche Sahneschnitte, die wir uns extra bis zum Schluss aufgehoben haben. Zunächst an der unverschämt smaragdgrün schimmernden Soča entlang, fahren wir bis zum Abzweig zum Mangart. Bei dem Namen klingeln bei den Insidern bereits die Ohren. Sie ist die höchste befahrbare Straße Sloweniens und führt bis auf 2.055 Meter. Auf einer Strecke von 12 Kilometern schraubt sie sich spektakulär 1.000 Höhenmeter empor und durchquert dabei fünf Naturfelstunnels. Die oft wegen Erdrutsche und Lawinenabgängen gesperrte Straße endet direkt am senkrechten Felsgrat an der Grenze zu Italien. Ein irres Erlebnis, das vor allem von Motorradfahrern aufgesucht wird.

In Kranjska Gora wartet Lea mit ihren Freunden bereits auf uns. Sie hat für uns eine Party organisiert, die bereits seit 10 Uhr morgens im Gange ist. Wir müssen aber noch über den mit 1.611 Metern höchsten Pass Sloweniens, zu dem 26 Haarnadelkurven hinauf und auf der Nordrampe 24 wieder hinunter führen. Ein weiteres Highlight in Slowenien. Und dann ist es auch schon geschafft. Nach Bezug der neuen Apartments gehen wir zu Fuß zu Lea. Die Gartenparty ist bereits in vollem Gange. Auf dem Grill brutzeln die Balkan-Leckereien, und das Bier fließt in Strömen. Lea und ihre Freundin Urska haben zur Begrüßung für jeden von uns ein Tütchen gepackt mit gebastelten Glücksbringern und Mundschutze und selbstgebrannten Slivovic. Es wird ein langer Abend mit vielen Gesprächen und Herzlichkeiten, der irgendwann in einer belebten Bar in Kranjska Gora endet.

Der nächste Tag ist unser letzter Tag in Slowenien. Wir lassen es nach dem letzten Abend etwas ruhiger angehen und machen nur eine kleine Tour in die Umgebung. Wir kommen vorbei am Quelltopf der Sava, dem längsten Fluss Sloweniens und genießen die Ruhe und das glasklare frische Wasser, das blubbernd aus dem Sandboden inmitten einer saftigen Wiese heraustritt. Unweit davon befindet sich die zweitgrößte Skifkugschanze der Welt in Planica. Dort wurden bereits Weiten von über 250 Metern erzielt. Auf den kleineren Schanzen nebenan übt der Nachwuchs auf Grasskiern. Danach verabschieden wir uns von Siggi, der sich mit Lea trifft, um sich von ihr ein neues Tattoo stechen zu lassen. Wir sind gespannt auf das Ergebnis und fahren noch eine kleine Runde zum Bohinjsko Jezero, dem größten See, der in tiefem Blaugrün umrahmt wird von den umliegenden Zweitausendern. Eine fantastische und vor allem unverbaute Kulisse.

Wieder zurück begutachten wir Siggis neues Tattoo und stellen fest, dass Lea wieder einmal ganze Arbeit geleistet hat. Den letzten Abend lassen wir schließlich gemeinsam mit Lea und Anže in einem tollen Lokal mit Blick auf die von der Abendsonne angestrahlten Berggipfel gemütlich ausklingen.

Am nächsten Morgen heißt es Koffer packen. Auf dem Weg zur Grenze kaufen wir noch Käse auf einem Bio-Bauernhof ein und versuchen unser Glück am eigentlich gesperrten Wurzenpass. Denn wir haben gehört, dass die Zöllner das nicht so genau nehmen würden. Und tatsächlich: ein Durchfahrtsverbotsschild könnte den Eindruck erwecken, dass hier die Durchfahrt verboten sei. Doch wir ignorieren es, und der Zöllner direkt daneben tut das auch. Somit ist das dann auch geklärt und kaum hinter der Grenze in Österreich beginnt es wieder zu regnen.

Kontakt

Christoph Berg
Dipl.-Ing. (BA) + Reisejournalist
info[@]bike-and-smile.de

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